Hier in Nelson haben wir den Luxus eine Wohnung inklusive zwei Katzen von den Warmshower Mal und Jon über das verlängerte Wochenende zu hüten. Es ist ziemlich heiss geworden mit 39 Grad Celsius und so schlafen wir im Zelt auf der kühlen Terrasse. Nebst der Hitze ist da noch der Rauch, der schwer in der Luft liegt. Auf Knopfdruck war er hier und hat die umliegenden Berge in dicken Nebel verpackt. Die Sonne scheint nur noch schwach und es ist eine düstere Stimmung, ja schon fast Weltuntergangsstimmung. Überall in den News, auf der Strasse sowie in den Einkaufsläden wird über diesen aussergewöhnlichen Sommer mit diesen vielen Waldbrände gesprochen. Alleine in Britisch Columbia brennen 560 aktive Wälder! 3000 Menschen mussten evakuiert werden und unzählige Feuerwehrleute kämpfen unermüdlich gegen die Brände. Die Hitzewelle mit den neuen Gewittern und dem Wind verstärkt die Krisensituation. Nebst dem Rauch von den umliegenden Waldbränden trägt der Wind zusätzlich, je nach Windrichtung, den Rauch von den amerikanischen Feuern, vor allem von denen in Kalifornien und Washington State oder von nördlich brennenden Gebieten, herbei. Täglich studieren wir die Vorhersage der Luftqualität. Am Sonntag als wir uns wieder auf den Weg machen wollen, ist die Luft extrem schlecht. Es riecht nach Lagerfeuer und beim Atmen kratzt es in der Lunge sowie im Hals. Innert kürzester Zeit ist es erstaunlich kühl geworden, da die Sonnenstrahlen vom Rauch geschwächt werden. Am Nachmittag wird es etwas besser und so entscheiden wir uns loszufahren, obwohl von Outdooraktivitäten abgeraten wird. Wir radeln im gemütlichen Tempo, sodass wir sicher immer durch die Nase atmen können. Unsere Routenwahl, nämlich westlich auf dem BC-Trail zu biken, mussten wir schweren Herzens streichen. Es macht für uns keinen Sinn die strengen Trails zu befahren und ohne Aussicht belohnt zu werden und zudem zeigt unsere lange Recherche, dass die Luftqualität nördlich besser sei… Tja, was wir auf unserer Reise gelernt haben, ist flexibel und spontan Pläne zu ändern. Somit radeln wir nun nördlich nach Nakusp, was uns ebenfalls als sehr schöne Strecke empfohlen wurde. Nur müssen wir uns die Schönheit vorstellen, da ausser Rauch nicht viel zu sehen ist. Es kommt uns vor wie bei uns im Herbst nur erreicht man nie die Nebelgrenze😝 Entlang des Slocan Lakes radeln wir auf einem wunderschönen Trail Galena, wo wir sogar ein aktives Feuer beobachten können. Seitdem wir nicht mehr nur noch auf Singletrails und Logging-Roads unterwegs sind, zeigt unser GPS am Abend wieder meistens gegen 100 Kilometer😀 an.
In Nakusp geniessen wir unsere selbst-gemachten Burger am schönen Seeufer, die schmecken einfach besser. 😝 Vor dem Einfkaufsladen treffen wir die beiden Schweizer Esther und Martin. Zum unseren Erstaunen kommen sie von Cham, Duggeli- und Muggerenmattstrasse, die Welt ist manchmal klein. 😀 Mit Rückenwind radeln wir nach einer erholsamen Nacht am schönen See entlang, wo wir einige Nester der Ospreys entdecken und einen Adler beobachten können. Die Fähre bringt uns gratis ans andere Ufer, wo wir den Aufstieg zum Monashee Pass starten. Unsere Idee ist es im Aufstieg zu campieren, aber dieses Unterfangen geben wir bald auf, da wir vergeblich nach einem flachen Platz suchen! Erst als wir oben ankommen, entdecken wir ein super Plätzchen direkt neben der Strasse. Da die letzte Fähre um 9pm fährt, wird es dann bald schön ruhig. Es war ein langer Tag. Dafür ist der nächste Tag nach Vernon etwas kürzer und nur noch Talfahrt. Zügig rücken wir und erreichen gegen Mittag bereits die super Cheese Farm „Triple Island Farm”, welche uns mehrmals empfohlen wurde. Und ja, der Käse ist sensationell! Der Betrieb wird von einer holländischen Familie geführt, welche vor 17 Jahren ausgewandert ist. Immer noch im Dunst radeln wir in Richtung Vernon. Kurz vor Vernon werden wir von unseren nächsten Warmshower Leonard und Bernadette herzlich Willkommen geheissen. Es ist einmal mehr sehr spannend von ihrem Leben zu erfahren. Bernadette ist eine
Artistin und zeigt uns ihr Atelier und ihre wunderschönen gemalten Bilder. Im Gartenhäuschen übernachten wir. Am nächsten Morgen serviert uns Bernadette selbst-gemachte Pancakes und später am See im Rail Trail Kafi treffen wir auf die beiden Schweizer Jürg und Sabine. Nach einem längeren Austausch radeln wir auf dem wunderschönen, brandneuen Railway-Trail entlang dem See in Richtung Kelowna. Ein herzliches Dankeschön an Leonard für diesen Geheimtip, dieser Trail war auf unserer Karte gar noch nicht eingetragen. Leider verdeckt uns der Rauch auch hier die Sicht!!!
In Glenmore, kurz vor Kelowna, werden wir herzlich von Carol und Laurant empfangen. Carol haben wir im Juni auf der Fähre getroffen, als wir unsere Sunshine Coast Tour gemacht haben. Ihre Tochter Maeghen bestreitet extrem Radrennen. So hat sie im letzten Jahr den Race Across America (RAAM) erfolgreich beendet. Das heisst während 24Tagen 20 Stunden am Stück radeln! Wow, unglaublich! Carol verwöhnt uns mit leckeren Abendessen und mit frischem Gemüse aus ihrem Garten. Zum Frühstück werden wir mit Porridge und viel Superfoods verwöhnt. Mmmhh. Da sich die Luftsituation mit dem Rauch wieder verschlechtert hat, bleiben wir länger als geplant. Es werden drei wunderschöne Tage mit interessanten Gespräche. Auch die beiden können sich nicht erinnern, dass es jemals so schlimm mit dem Rauch war! Wir sind Carol und Laurant sehr dankbar für ihre grosse Gastfreundschaft! Ständig recherchieren wir die Rauchsituation und versuchen herauszufinden, wohin wir am besten radeln sollen, um dem Rauch zu entkommen. Aber da die Windrichtung immer wieder ändern, ist es sehr schwer vorhersehbar, wo die Luft besser ist. Am Samstag ist die Luft sehr schlecht. Es riecht extrem nach Lagerfeuer, es regnet sogar Asche und die naheliegenden Hügel und die Sonne sind nicht mehr zu sehen. Am Sonntag kommt uns die Idee eine Staubmaske zu organisieren. Erst im 5. Laden werden wir fündig, jedoch nur solche ohne Ausatmungsventil. Alle sind ausverkauft!😳 Am Montag ist die Luft etwas klarer, die Sonne ist am Himmel wieder zu erkennen und wir verabschieden uns von Carol und Laurant. Unser Plan ist es nach Vancouver per Anhalter zu kommen in der Hoffnung, dass dort die Luft und Sicht durch die „Seabreeze“ etwas besser ist. Im Summit Tool decken wir uns mit den besseren Masken ein und picknicken am See von Kelowna. Es muss wirklich sehr schön sein hier, wenn man etwas sehen könnte. Normalerweise ist Kelowna, das California von Kanada, mit Touristen überfüllt, aber heute spazieren nur wenige auf dem Uferweg im Park. Ein bisschen sehen wir blauen Himmel. Irgendwie sind wir nicht ganz schlüssig, ob wir nun wirklich per Autostopp nach Vancouver reisen sollen. Wir können uns einfach nicht entscheiden. Kurzerhand schreiben wir alle Möglichkeiten auf und losen aus. Gewinner der Verlosung ist der Myra-Trestle-Railway. Lustigerweise stand dieser in letzter Zeit gar nie mehr gross zur Diskussion.
Wow, das Los hat es gut mit uns gemeint! Diese Trestle, alte Bahnbrücken und dieser alte Railway-Trail sind extrem schön! Am nächsten Morgen rollen wir zügig auf dem Railway weiter. Die Schönheit des Trails hat ein bisschen abgenommen und zum Teil müssen wir unser Fahrrad durch sandige Abschnitte stossen. Spannende alte Steinofen, mit welchen die Bauarbeiter im Jahr 1913 Brot gebacken haben, können wir entlang des Trails bestaunen. Auf unserer Karte geht es nun bergab, aber da die Eisenbahnstrecke nur mit 3 Prozent Steigung gebaut wurde, merken wir es kaum. So biegen wir vergnügt in einen flowigen Singletrail ab😀. Es wird immer trockener und es erinnert uns sehr an Südfrankreich. Dies wird dann mit den Rebbergen am Hang bestärkt.
Penticton, wörtlich übersetzt “Ort zum bleiben” gefällt uns sehr. Es hat einen schönen Sandstrand am See, welcher zum Baden lockt. Der Schwumm ist dann doch kühler als erwartet, was mit grosser Wahrscheinlichkeit mit dem vielen Rauch zu tun hat. Die Sonnenstrahlen werden sehr stark zurück gehalten. Als wir bereits im Dunkeln zu unserem Schlafplatz fahren, welcher wir zuvor gereckt haben, leuchten uns zwei Augen entgegen. Das schwarze, zottelige Tier dreht sich und ergreift die Flucht. Ja, genau unglaublich, unser erste Schwarzbär.🐻😀 Die Luft ist am nächsten Tag wieder schlechter. Wir entscheiden uns somit den schönen Strand zu geniessen, an welchem es Dank dem Rauch nicht zu heiss wird. Am Nachmittag riecht es jedoch wieder stark nach Rauch und somit flüchten wir in ein Kaffee. In der Nacht verschlechtert sich die Luft nochmals sehr und am Morgen erwachen wir mit brennenden Augen, kratzendem Hals und einer Ascheschicht auf unserem Zelt.
Kurzentschlossen entscheiden wir uns nach Peachland zu fahren um unser Glück doch noch mit Autostop nach Vancouver zu versuchen. Jedoch stellt sich der Highway 97c nach Vancouver für unser Vorhaben als sehr ungeeignet heraus. Es gibt für die mit 120km/h schnell fahrenden Autos keine Anhaltsmöglichkeit. So kapitulieren wir und rollen die 400hm wieder nach Peachland zurück. Das Hin und Her beginnt von Neuem! Es scheint als ob wir uns hier im Kreis drehen! Was nun? Trotz des Rauches zurück auf den BC Trail und einfach Kopf runter und dem Rauch trotzen? Nein, unsere Lungen tun uns weh und der Hals kratzt. Es macht so und ohne Aussicht einfach keinen Spass! Auch stellt sich die Frage, wie lange der Rauch und die Waldbrände noch andauern werden?! Können wir unsere geplanten Routen durch Oregon und Utah überhaupt radeln oder müssen wir auch da immer wieder dem Rauch ausweichen? Denn da sollen die Feuer noch gravierender sein. Wir wissen es nicht und es kann uns niemand weiterhelfen! Zu viele Unbekannte! Frustriert sitzen wir vor dem Einkaufszentrum. Wir diskutieren mit einem Angestellten, welcher uns später mit zwei Sandwiches beschenkt. Während wir auf dem Sandwich kauen und die Situation in der wir stecken durchleuchten, kommt uns einmal mehr die Idee nach Südamerika zu fliegen. Als wir herausfinden, dass die Flüge von Kelowna nach Lima mit Air Canada extrem günstig sind und vor allem günstiger als von Vancouver sehen wir dies als mögliches Zeichen, wieso das Autostoppen nicht geklappt hat und wieso wir uns hier im Kreis drehen😂. Ist dies die Lösung? Nach kurzer Recherche lässt uns diese Idee nicht mehr los. Nur Dank dem Rauch sind wir überhaupt auf diese geniale Variante gekommen, welche unsere Reise mit weiteren Kulturen und einem weiteren Frühling und Sommer bereichern wird. Am darauffolgenden Tag radeln wir nach Kelowna, wo wir spontan von den beiden Warmshowern Adrian und Natalie aufgenommen werden. So kommen wir nahe des Stadtzentrums von Kelowna unter und können alle Vorbereitungen für Südamerika gut und einfach erledigen. Am Samstag sind dann alle Vorbereitungen getroffen. Der langersehnte Regen, mehr als vorhergesagt, bringt am Sonntag endlich frische Temperaturen und Luftqualitätsverbesserung mit sich.
Und ja natürlich am Montag ist der Rauch weg! 😳 Nach zwei vollen Wochen atmen wir rauchfreie, frische Luft ein!😀 So sehen wir nun Kelowna und die wunderschöne Gegend auch noch ohne Rauch! Da der Flug dann letztendlich von Penticton 200$ günstiger als von Kelowna ist, radeln wir wieder nach Penticton und geniessen das wunderschöne Wetter mit der sensationellen Aussicht und frischen Luft. Spät am Abend fahren wir zum Flughafen und machen unsere Räder flugbereit: Dieses Mal haben wir Packfolien gekauft und sind begeistert, wie schnell die Räder eingewickelt sind. Vor dem kleinen Flughafen schlafen wir und am Morgen um 4:00 Uhr checken wir ein. Bye, bye Canada und USA. 😀✈️
Fazit Nordamerika: Wir hatten, abgesehen vom Rauch, eine super Zeit hier! Canada und die USA sind geniale Reiseländer und dies auch per Rad, zumindest wo wir waren. Mit den vielen Mountainbiketrails und Logging-Roads ist es möglich meistens abseits des Verkehrs zu radeln, obwohl die vielen langen Eisenbahnstrecken einem verleiden können. Freicampieren ist äusserst einfach und die vielen Warmshower Hosts sind unglaublich genial und ermöglichen einen vertieften Einblick ins nordamerikanische Leben. Die Menschen sind sehr freundlich und zeigen meist grosses Interesse an uns. Viele lieben Outdooraktivitäten und ein Kajak, Boot und Hund ist in jedem Haushalt anzutreffen. Auch der Winter hier in Britisch Columbia muss fantastisch sein! Seit den Rockies sprechen wir fast täglich übers Skifahren und Langlaufen. Lange spielten wir mit dem Gedanken einen Winter hier zu verbringen. Auch wären wir noch gerne durch Oregon, Nord California, Utah und Arizona geradelt. Jedoch ist nun alles anders gekommen und wir verschieben dies auf ein anderes Mal.
Maximale Höhe: 1266 m
Minimale Höhe: 263 m
Gesamtanstieg: 6957 m
Gesamtabstieg: -7118 m
Liebe JuAn
Es freut uns, dass es unseren Warmshower verwöhnten, Katzendompteuren, Rauch-Erprobten und Bären-Sichter so gut geht. Für uns schwer verstellbar wenn die Sicht einer Gegend plötzlich „nebelähnlich“ wegen Rauch zugeht, die diesbezüglichen Bilder sind beeindruckend. Zum Glück kamen euch die vielen Feuer nicht in eine gefährliche Nähe.
Dank Eurer positiven Einstellung und bewiesenen Flexibilität seid Ihr nun in Südamerika gelandet, so wie wahrscheinlich insgeheim auch schon vorgesehen. Wir hoffen, Ihr erlebt auch Peru so positiv wie Nordamerika, Andi hat ja früher mal etwas Spanisch gelernt, vielleicht kann er den Wortschatz wieder ausgraben.
PS: nicht vergessen die Staubmasken im Materialverbrauch einzutragen?
Nun wünschen wir Euch weiterhin eine in jeder Hinsicht positive und tolle Weiterreise. Herzlichi Grüess PaMa