Iran

Mit prüfenden Fragen und mit strengem Blick werden unsere Pässe und Visa an der iranischen Grenze geprüft. Dann noch ein ermahnender Hinweis an Judith, dass sie ja immer das Kopftuch zu tragen habe, tauchen wir in eine ganz andere Welt ein. Eine Welt in der die Gastfreundschaft sehr gross geschrieben wird, in der es nicht viele Touristen gibt, in der viele Grenzen gesetzt werden, vor allem bei den Frauen und in derer wir die Schrift nicht mehr lesen können und ja von rechts nach links geschrieben wird. Aber nun alles der Reihe nach.

Entlang des Flusses Aras fahren wir zwischen grossen Bergen in einem engen Tal nach Jolfa. Überall werden wir mit einem freundlichen “Welcome in Iran” begrüsst. Mehrmals werden wir nach unserer Herkunft gefragt und wir sind attraktive Selfie-Motive😀 In einer günstigen Unterkunft übernachten wir mit einem eigenen Gasofen im Zimmer. Hier ist noch zu erwähnen, dass Iran das grösste Erdgasvorkommen der Welt hat. Am Abend wollen wir die iranische Küche kennen lernen. Enttäuscht bekommen wir, wie bereits am Mittag und wie in einem iranischen Hotel in Armenien nur Linsensuppe, Kebab mit viel Reis und einer schwarz gegrillten Tomate. Wir hoffen, dass die iranische Küche noch mehr zu bieten hat.<

Auf einem Highway mit wenig Verkehr und einem breiten Pannenstreifen fahren wir nach Marand. In Marand erwartet uns der jüngste warmshower.org Teilnehmer Yashar. Mit seinen 17 Jahren ist er extrem reif und erwachsen. Wir bekommen eine Unterkunft in der Kunstschule seines Freundes. Am Abend hilft er uns eine SIM-Karte zu bekommen und er führt uns in eine Englisch-Schule, in welcher wir gleich in den Unterricht einbezogen werden. Gegenseitig bombardieren wir uns mit Fragen und erleben so einen sehr interessanten Einblick in das uns noch unbekannte Land. Am Morgen werden wir von Yashar zur Bäckerei seines Vaters geführt, wo wir ein “Barbari” (flaches Brot mit Sesam) geschenkt bekommen. Yashar begleitet uns noch ein Stück in Richtung Täbris. Entlang des wenig befahrenen Highways erfreuen wir uns an Ständen mit gedörrten Aprikosen, welche wir in Armenien nur selten gefunden haben. Die Verkäufer machen Spässe mit uns und Selfies. Am Mittag kehren wir in einem Restaurant ein und natürlich gibt es Kebab mit Reis.

Am kommenden Mittag wird uns spontan das Essen bezahlt, ein paar Tips für die Weiterfahrt gegeben und ja natürlich posieren wir einmal mehr für ein Selfie. In Täbris werden wir von Hosein, unserem nächsten Warmshower, per Rad abgeholt. Er führt uns die letzten 20 Kilometern zur Wohnung seiner Familie. Dort erleben wir eine unglaubliche Gastfreundschaft. In seiner Familie wird türkisch gesprochen, weil sie, so wie die meisten Iraner in dieser Region, türkischen Hintergrund haben. Somit erfreuen sie sich sehr über unsere paar türkischen Wörter, an welche wir uns noch von der Türkei erinnern können. Wir werden in Eersatzkleider eingekleidet, sodass wir endlich wieder einmal alle unsere Kleider waschen können. Während wir aufs Abendessen, welches um 22:00 Uhr eingenommen wird, warten, werden wir von Hosein in die Persische Sprache eingeführt. Die iranische Küche hat doch noch mehr zu bieten als nur Kebab mit Reis. Die Mutter serviert uns stolz das “ghormeh sabzi”. Dieses Gericht finden wir in ganz Iran. Es sind fein gehackte Kräuter wie Dill, Petersilien, Pfefferminz, Radieschen, Basilikum, Schnittlauch, Zwiebeln und Kresse. Diese werden eine Stunde mit Fleisch und Kickererbsen gedämpft. Die frischen Kräuter werden fast zu jeder Mahlzeit roh als “sabzi khordan” gegessen. Das Fladenbrot “lavash” ist ebenfalls meistens auf dem Tisch.

Am nächsten Morgen möchte uns Hosein durch den grössten Bazar von Iran führen. Die Mutter bemängelt Judiths Kleidung und schnell wird im Kleiderschrank von Hoseins Schwester Abhilfe geschafft. Zufrieden nickt die Mutter und nun ist Andi der einzige Tourist. Im ältesten Bazar von ganz Iran tauchen wir einmal mehr in eine für uns neue Welt mit den verschiedensten Düften und teuren Perserteppiche ein. In Begleitung von Hosein getrauen wir uns auch die erste Moschee von innen anzuschauen. Am Abend nimmt uns Hoseins Vater mit seinem Camion zum Zitronenpressen mit und zeigt uns eine Bäckerei. In dieser wird eine weitere iranische Brotversion “sangäg” produziert. Es ist ein Fladenbrot, welches 1.20 Meter lang ist und auf Kieselsteinen gebacken wird. Noch in derselben Nacht werden wir mit unseren Rädern per Camion zur Bushaltestelle gebracht. Eigentlich wollten wir entlang dem Kaspischen Meer nach Teheran fahren. Als wir den Wetterbericht studieren, kommen wir jedoch schnell davon ab. Denn es ist kaltes und nasses Wetter für die ganze kommende Woche angesagt. Somit entscheiden wir uns für die Flucht nach Teheran.

Am Morgen werden wir mit warmen und sonnigem Wetter in Teheran begrüsst. Leider ist gerade ein grosser Feiertag und alle Cafes sowie die meisten Shops sind geschlossen. Hosein unser Warmshower-Freund von Iran, welcher einst bei uns in der Schweiz zu Gast war, wohnt leider nicht mehr in Teheran, jedoch kann er uns über WhatsApp ein paar gute Tips seiner Stadt geben. Somit suchen wir eine neue Bleibe mit Warmshower. Sahar und Vahid möchten uns empfangen, jedoch sind sie für den Feiertag nach Isfahan verreist. Und zu unserem Erstaunen überlassen sie uns den Schlüssel zu ihrer Wohnung. Somit wohnen wir in einer Wohnung deren Besitzer uns Freunde nennen und welche wir jedoch noch nie gesehen haben! Wir sind froh um etwas Ruhe und Zeit für uns zu haben. Am zweiten Morgen lernen wir unsere Gastgeber Sahar und Vahid kennen und nach einem gemeinsamen Frühstück mit ein paar Reisetipps fahren wir aus Teheran heraus. Sahar begutachtet noch unsere Radbekleidung und empfiehlt Judith die Hüfte zu bedecken und schenkt ihr eine Bluse. Nach einigen Kilometern haben wir es satt im Abgas zu fahren und entschliessen uns per Anhalter nach Qom zu kommen. Kaum halten wir an, stoppt Kia und hilft uns einen Reisebus anzuhalten. Schneller als dass wir gedacht haben, sind wir in Qom. In Qom befindet sich der heilige Shrin von Fatima und ist ein beliebter Wahlfahrtsort der Mosleme.

Bereits um 17:00 Uhr ist es dunkel. Wir sehen auf der Karte eine Caravanserei und beschliessen uns dort zu übernachten. Dort angekommen, treffen wir auf ein geschlossenes Tor. Wir sind nicht die einzigen. Anja und Peter solitaire-camper.de ein deutsches Paar, welche mit ihrem Lastwagencamper unterwegs sind, sind auch dort vor verschlossener Tür gestrandet. Es wird ein gemütlicher und unterhaltsamer Abend, in ihrem heimeligen mit Liebe zum Detail selbstausgebauten Camper. Am Morgen servieren sie uns stolz einen Nespresso-Cappuccino, welchen wir natürlich mit Freude geniessen.

Mit Rückenwind geht es zügig in Richtung Kaschan. Als wir in Maskat vor der verschlossenen Tür der Bäckerei stehen, fragt uns ein Iraner, ob er uns helfen könne. Leider spricht er kein Englisch. Mit unserem wenigem Farsi und mit Händen und Füssen können wir ihm erklären, dass wir Brot möchten. Kurzerhand lädt er uns zu sich ein. In einer grossen Stube mit vielen persischen Teppiche wird uns ein Frühstück am Boden serviert. In Kaschan angekommen, geniessen wir in einem alten ehemaligen persischen Badehaus Tee und Datteln. Hier im Iran gibt es so viele und verschiedene Datteln. Auch von den feinen Baumnüsse, Sultaninen, getrockneten Feigen sowie Pistazien und Mandeln können wir uns kaum satt essen. Kurzfristig entscheiden wir uns in Kaschan zu überachten und nehmen mit Elham von Warmshower Kontakt auf, welche uns zum Glück so kurzfristig bei sich, ihrem Mann und ihrer Tochter aufnimmt. Bevor wir von Elham empfangen werden, treffen wir Paul der deutsche Radfahrer, welcher vor sechs Monaten in Zürich gestartet ist. In einem Kaffee tauschen wir ein paar Erfahrungen aus. Dann holt uns Elham ab. Elham präsentiert uns ihre neugelernten Melodien auf dem traditionellen Iranischen Instrument dem Hackbrett. Als wir so gemütlich zusammen sitzen, zittert es plötzlich. Es fühlt sich an als sei es uns schwindlig. Doch als wir die Lampe wackeln sehen und es nach kurzer Zeit wieder ruhig ist, wissen wir, dass es ein Erdbeben war. Im Fernsehen wird dies bestätigt, dass ein Erde bei der Grenze zum Irak mit einer Stärke von 7.2 gebebt hat. Mehrere hundert Menschen verloren ihr Leben und ganze Dörfer wurden zerstört.

Am nächsten Morgen entscheiden wir uns in die Wüste nach Maranjab zu fahren, um den Salzsee zu besichtigen. Obwohl es nur 50km dahin sind, ist es eine Tagesetappe. Die Strasse ist teilweise sandig, sehr holprig und gewellt. Kurz vor dem Eindunkeln erreichen wir den Salzsee. Wir sammeln Feuerholz. Es gibt hier einige Lastwagen, welche Salz in die Stadt führen. Einer dieser Lastwagen hält an und füllt alle unsere Wasserflaschen mit frischem Wasser auf. Ein zweiter Lastwagenfahrer leiht uns seine Lampe aus, welche wir am Morgen an den abgemachten Ort legen. Dann wird es still in der Wüste und ein wunderschöner Sternenhimmel zeigt sich. Nach einer sehr kalten Nacht fahren wir fünf Kilometer über den Salzsee. Dieser wird nun weisser und die Salzstruktur zeigt sich immer deutlicher. Da es eine Sackgasse ist, heisst es den gleichen Weg zurück zu fahren. Die Dromedarherde grast dieses Mal unmittelbar am Strassenrand. Fasziniert beobachten wir diese Tiere einen Moment lang. Bei den Sanddünen machen wir halt, denn wir haben ein kleines Jubiläum zum Festhalten nämlich unsere 6000 Kilometer. Komischerweise bleiben heute die Salzlastwagen fern. Wir sind ganz alleine. Plötzlich wird die Stille mit Schüssen gestört. Das Militär, welche in der Wüste stationiert ist, probt für den Ernstfall. Uns ist etwas mulmig zu Mute und wir hoffen fest, dass sie uns sehen und wir nicht in die Gefahrenzone radeln. Nach vier Stunden anstrengender Fahrt erreichen wir Aran. Es war wunderschön diese Fahrt in die Wüste. Dennoch sind wir froh wieder zurück in der Zivilisation zu sein und wir geniessen einen frisch gepressten Karottensaft “ab havitsch”.

Nach unserer ersten Nacht im Park fahren wir in Richtung Meymeh. Eine zum Teil steile Passstrasse führt uns auf unseren höchsten Pass mit 2700müM. Im letzten Dörfchen kurz vor dem Pass dämmert es bereits und wir haben keine Lust in der Kälte auf dieser Höhe zu campieren. Als wir die Einwohner für einen Schlafplatz fragen, werden wir zur Moschee geschickt. Dort bekommen wir einen geheizten Raum mit Teppich ausgelegt. Im Nebenraum findet das Abendgebet statt und immer wieder schaut jemand durchs Fenster in unseren Raum. Mehrmals klopft es an der Tür und es wird uns Tee, Äpfel und Lavasch geschenkt. Früh am Morgen klettern wir die letzten Höhenmeter zum Pass hoch und geniessen die schnelle, luftige Abfahrt nach Meymeh.

In Meymeh nimmt der Verkehr wieder stark zu. Die letzten 30km vor Isfahan können wir mit einem blauen Pickup mitfahren. In Isfahan erwartet uns Reza, wiederum ein Warmshower Host. Dieser nimmt uns mit zu seinen Freunden zu einer Halbjahresfeier. Um 22:00 Uhr wird im Garten Blumen angepflanzt und um 22:30 Uhr nehmen wir das Abendessen ein. Nach unserem strengen Velotag fallen uns um 23:00 Uhr schon fast die Augen zu. Erst um 1:00 Uhr ist dann Aufbruchstimmung und um 2:00 Uhr kommen wir endlich zu unserem Schlaf. Am nächsten Morgen treffen wir uns mit Paul, dem deutschen Cycler. Isfahan mit den beiden Brücken, dem Hosein Khomeni Square mit dem traditionellen Teehaus, den einladenden Cafes und dem frischgepressten Karottensaft gefällt uns sehr. In der Bäckerei wird uns Brot “sungäg” geschenkt und der Metzger präsentiert uns stolz seine Arbeit und schenkt uns zum Schluss einen Espresso ein. Wir bleiben gleich zwei Tage.

Wir entscheiden uns das Iranvisa von 30 Tagen nicht zu verlängern und nehmen den direkten Highway nach Shiraz. Um etwas Zeit zu gewinnen und schneller vorwärts zu kommen hitchhiken wir. Einmal hilft uns sogar die Polizei das nächste Zambia (blaue Pickup) anzuhalten. Der Ruf “crazy driver” dieser Fahrer bestätigt sich. Wir sind sehr erleichtert, dass wir heil wieder aus dem Auto steigen können. Denn während der Fahrt war der Fahrer ständig am Telefonieren, machte Spässe mit den anderen Autofahrer und filmte noch dazu.

In Safasshahr kommen wir um die Mittagszeit an. Als wir nach einem Restaurant suchen, hält ein Auto an und wir werden von Moij zu sich nach Hause eingeladen. Er lebt mit seinem Bruder noch bei der Familie. Die beiden Brüder sind sehr innovativ und eröffnen in zwei Wochen einen Coffeeshop und ein Crossfit-Studio. Am Abend geniessen wir ein leckeres Abendessen einmal mehr auf dem Fussboden.

Bei strömenden Regen verlassen wir am nächsten Morgen das Städtchen und versuchen unser Glück einmal mehr mit Hitchhiken. Es geht nicht lange und ein Pickup stoppt. Erst in Shiraz realisieren wir, dass er eigentlich gar nicht nach Shiraz musste, sondern die 200km hin und wieder zurück extra für uns gemacht hat. In Shiraz hält der Regen immer noch an und es ist kalt. Wir treffen Moijs Schwester Fatima und deren Freundin Romina. Diese zwei helfen uns unsere Dollars zu wechseln, was kein einfaches Unterfangen ist! Unser Host Mohammadhadi und seine Frau Nila wohnen etwas ausserhalb und zum Glück holen sie uns mit dem Auto ab. Die selbständige Architektin und ebenfalls selbstständiger Ingenieur sind begeisterte Veloreisende. Es beschäftigt uns einmal mehr, wie unfair die Welt ist. Nur weil wir den Schweizerpass haben, können wir ziemlich frei und günstig reisen. Für ein Iraner ist es fast unmöglich ein Visa zum Beispiel für Europa zu bekommen und zudem ist es extrem kostspielig. Am nächsten Tag machen wir zusammen mit unseren Hosts und deren Verwandten einen Ausflug ins herzige, alte “Bergdörfchen” Ghalat. Es ist ein kalter, aber schöner Herbsttag. Wir erfreuen uns am wärmenden Feuer über einen heissen Tee und einen saftigen Granatapfel. Es ist Erntezeit der Granatäpfel. Am Freitag fahren wir mit Mohammhadi und Nila per Rad durch Shiraz. Leider sind die Parks, der Bazar und einige weitere Sehenswürdigkeiten geschlossen, da es Freitag, der iranische Sonntag, ist.

Noch am gleichen Abend fahren wir mit dem Bus nach Borjazan, wo wir vor dem Polizeiposten im Park zelten. Am nächsten Morgen freuen wir uns über das warme Wetter. Wir fahren in Richtung Khormoj. Dort befindet sich ein Salzberg, welcher eine Wanderung wert wäre, jedoch zieht es uns weiter über die letzte Bergkette an den persischen Golf. Bereits bei Sonnenuntergang überqueren wir diese wunderschönen Sandberge. Im Dunkeln kommen wir am Strand des persischen Golfs in Del Aram an. Die Anwohner finden es keine gute Idee dort zu zelten und sie geben uns den Zugang zu einem gut ummauerten, aber noch unfertigen Bau. Später bringen sie uns noch eine warme, iranische Suppe “Asch” vorbei.

Am nächsten Morgen radeln wir zum nächsten Dörfchen und treffen Reza. Er arbeitet in Asaluyeh in einer Petrochemie-Fabrik. Seine Eltern wohnen in Bushehr, wo er nach zwei Wochen Arbeit jeweils eine Woche Ruhezeit verbringt. Er nimmt uns gerne in seinem kleinen Peugot mit. Obwohl wir sehr unbequem und eng zu zweit auf dem Vordersitz sitzen, sind wir froh und dankbar für diese Mitfahrgelegenheit. Am Abend in Asaluyeh geniessen wir wieder einmal unseren geliebten, frisch gepressten “ab havitsch” Karottensaft (genau übersetzt: Wasser Karotte). Die Iraner geniessen diesen im Becher drin mit einem Eiscream (Safraneis oder Milcheis). Als wir auf der Strandavenue kochen, kommt ein Mann mit zwei Pizzas, zwei Salaten, Cola, Pommes Frites und fritierten Pilzen. Er habe uns kochen gesehen und wollte uns eine Freude machen. Da wir bereits satt waren, schenkten wir zwei Jungs dieses Festmahl, welche uns mit grossen und freudigen Augen anschauen, hinsitzen und die Mahlzeit verschlingen. Als wir nochmals im Cafe sitzen, werden wir von Mohammed und einem Freund zu sich in die WG eingeladen. Diese Einladung nehmen wir erst an, nachdem sie uns Fotos von ihren Radtouren zeigen. Wir sind froh über diese Übernachtung, da uns der Park nicht so passte. Mohammed liebt das Velofahren, ist im Judo-Nationalteam dabei und spielt Duddelsack. Er spricht jedoch kein Englisch und zum Glück gibt es die Google-Übersetzung.

Auf der alten, einsamen Hauptstrasse fahren wir gemütlich nach Parsian. Wir campieren an einem ruhigen Plätzchen in der Semiwüste. Mit Rückenwind radeln wir am nächsten Morgen auf der einsamen, aber wunderschönen Küstenstrasse in Richtung Bandar Lengeh. Zurück wieder auf der Hauptstrasse nimmt uns am kommenden Morgen ein Lastwagenfahrer mit. Wir geniessen es einmal zu den grossen Verkehrsbeteilgten zu gehören.

In Bandar Lengeh steigen wir auf den Bus bis nach Bandar Khamir um und erreichen noch am selben Abend per Fähre unser langersehnte Ziel die Insel Qeshm. An einem ruhigen Plätzchen umgeben von Sandbergen schlafen wir. Die Bevölkerung auf der Insel scheint arm zu sein und die Dörfchen ähneln meist einer Baustelle. Immer wieder treffen wir Frauen mit einer Maske an. Laut unserer Internetrecherche kommt dies von Arabien und die alten Frauen verbergen so ihre Falten. Die Masken sind massgeschneidert und teuer. In Bandar Abbas gibt es sogar junge Frauen, die diese Masken tragen und unterschiedliche Farben benützen: Orange für verlobte, rot für verheiratete und schwarz für Mädchen und alte Frauen. Zum Glück ist es nur noch eine sehr kleine Minderheit, welche diese Tradition leben. Von Salakh führt eine sehr schöne Schotterpiste entlang des persischen Golfs in Richtung Qeshm. In Suza erleben wir einmal mehr wie sich plötzlich die Strassen leeren und die Shops für die Gebetszeit schliessen. Für die Nacht finden wir ein schönes Plätzchen und am nächsten Morgen erreichen wir nach einer kurzen Fahrt Qeshm. Da es Freitag ist und die Cafes zu haben, fahren wir mit der Fähre auf die Insel Hormuz.

Die Insel Hormuz ist eine kleine Insel, welche viele iranische Touristen hat. Nach einer Nacht im Zelt biken wir am kommenden Morgen zum eindrücklichen Regenbogenberg mit den vielen verschieden farbigen Gesteine und weissem Sandstein, was wie Schnee aussieht. Es ist traumhaft schön und es ist ein weiteres Highlight unserer Iranreise. Abseits von den 4×4 Jeeps und den Touristen überqueren wir die Insel. Wir stoppen beim Strand mit roten Sand und beenden unsere Tour mit der Überfahrt nach Bandar Abbas.

Noch in der selben Nacht wollen wir die Fähre nehmen, jedoch die iranische Bürokratie ist kompliziert und wir schaffen es nicht rechtzeitig das Ticket zu beschaffen. Somit müssen wir die nächste Fähre in zwei Tagen nehmen. Nun sind wir in Bandar Abbas gestrandet und haben keine Unterkunft. Über Warmshower versuchen wir unser Glück so kurzfristig eine Unterkunft zu finden. Ahmed von Warmshower hat leider schon Gäste und er meint der Park sei sicher zum Übernachten. Im Park bittet uns Mehrdad um Hilfe bei seinem Fahrrad. Er findet es keine gute Idee im Park zu schlafen und lädt uns zu sich nach Hause ein. Dank google-Übersetzung können wir uns verständigen, da sie kein Englisch können und wir zu wenig Farsi. Mehrdad wohnt nämlich zusammen mit seinem Bruder und seiner Schwester mit Mann und Sohn zusammen. Die Männer haben eine Im- und Export Firma kürzlich eröffnet. Zum letzten Mal geniessen wir die iranische Gastfreundschaft und werden von Maryam mit den feinsten iranischen Speisen bekocht. Ein Sandsturm weht und der Junge hat schulfrei. Deshalb erstaunt es uns nicht, dass die Fähre von der nächsten Nacht gecancelt wurde. Somit bleibt uns nichts anderes übrig als zu fliegen. Mit Hilfe von Ahmed vom Warmshower kommen wir schnell zu zwei Veloschachteln. Wir verpacken unsere Räder und unsere Freunde Mehrdad und Kianush bringen uns zum Flughafen. Zum Abschied schenkt Maryam Judith ein Kopftuch. Endlich ein iranisches Tuch, welches nicht dauernd runterrutscht, aber bald ist dies zum Glück vorbei😀 Am Flughafen angekommen, müssen wir die Velos auspacken und mit Folien umwickeln, da sie in der Box von der Fluggesellschaft nicht akzeptiert werden. Wir treffen ein Cycler von Belgien, welcher in 2 Monaten ebenfalls 7000km von Belgien nach Bandar Abbas gefahren ist. Wir sind sehr erstaunt. Dies hat mit seinem leichten Fahrrad und mit dem Alleine reisen zu tun.

Fazit: Noch nie haben wir eine so grosse Gastfreundschaft wie im Iran erlebt. Wir können nur von ihnen lernen! Alle Vorurteile sind total falsch und es tut uns extrem leid für sie. Immer wieder entschuldigen sie sich für ihre Regierung unter derer sich fast alle eingeengt fühlen und darunter leiden. Vor allem die Frauen bekommen es mit der Kleidungs- und Kopftuchvorschrift sehr stark zu spüren. Viele Internetseiten und TV-Sendungen können nur mit VPN gesehen werden. Es gibt sogar iranische TV-Sender, welche von London senden. In dieser tragen die Moderatorinnen kein Kopftuch. Nur weil sie ein Iranpass haben, können sie nur sehr beschränkt reisen! Die Männer bekommen den Reisepass, den Führerschein und den Abschluss der besuchten Uni nur nach zwei Jahren Militärdienst, ausser der Vater diente im Irak-Krieg. Obwohl das Land aufgrund seiner grossen Bodenschätze an Gas, Erdöl, Gold, Kupfer und Eisen eines der reichsten Länder sein könnte, weiss niemand, wo das Geld hingeht. Es gibt sehr viele Arbeitslose und viele finden auf ihrem studierten Fachgebiet keinen Job. Wir hoffen sehr, dass sich die Regierung und somit die Situation für die Bevölkerung bald ändern und sich zum Guten wenden wird!r können Iran als Reiseziel bestens empfehlen. Nirgends auf unserer Reise haben wir uns so sicher gefühlt. Die Iraner lieben Touristen, das Warmshowern funktioniert bestens, in den Parks kann problemlos gezeltet werden und in den kleinen Dörfern darf in den Moscheen übernachtet werden. Aber das 30 Tagevisa reicht nicht aus! Es kann gut in Teheran, Isfahan und am besten in Shiraz verlängert werden. Wir haben uns aus drei Gründen gegen das Verlängern entschieden: 1. das Kopftuch, 2. teurere Flüge um die Weihnachtszeit und 3. die Bürokratie des Verlängerns. Man muss sich bewusst sein, dass man mit Mastercard, Visa, Maestro und Co. kein Geld beziehen kann. Für die ganze Reisezeit muss genügend Euro oder Dollars mitgeführt werden, welches unterwegs in den grösseren Städte zu Rials gewechselt werden kann. Zum Glück haben wir dies noch kurz vor Einreise erfahren. Das Geld hat keinen Wert und so haben wir meistens mehrere Millionen im Geldbeutel. Die Einheimischen sprechen im Alltag von Tuman und lassen die vielen Nulls einfach weg (10 Tuman = 100’000 Rials ≈ 3 CHF). Bis zum Schluss können wir uns nicht an diese Währung gewöhnen, denn sie sagen zehn meinen aber hundertausend. Auch mit den Badezimmern können wir uns nicht anfreunden. Nach einem Besuch ist man immer mindestens an drei Stellen nass: Füsse, Hände und A…. (kein WC-Papier) Die Dusche ist jeweils ohne Abgrenzung und Vorhang in der Mitte des Bades. Als Veloreisende vermeidet man besser die stark befahrenen Highways ohne Pannenstreifen, indem man auf kleinere Strassen ausweicht, hitchhikt oder den Bus nimmt. Es wird dem Volk viele Grenzen gesetzt. Ein kleiner Teil spüren wir als Fahrradfahrer täglich mit den vielen Absperrungen. Immer wieder muss das Rad über ein Hindernis und Graben getragen oder auf den hohen Gehsteig mühsam gehievt werden.

4 Comments

  1. Liebe JuAn
    haben soeben Euren sehr informativen Reisebericht an einem Stück gelesen und einmal mehr mitbekommen, wie eindrücklich Iran für Euch gewesen ist. Sehr gut aufgezeigt ist auch die grossartige Gastfreundschaft die Ihr erfahren durftet. Überall wo ich über Eure Reise erzähle erwähne ich die Gastfreundschaft die Ihr bis jetzt in allen Ländern erfahren durftet. Es ist für uns “Zurückgebliebenen” wichtig zu wissen, dass das gemeine Volk im Prinzip in allen Ländern einander viel ähnlicher ist als man glaubt.
    Wir sind nun natürlich gespannt wie es Euch in den 2 Monaten im grossen Indien ergehen wird.
    Herzliche Grüsse PaMa

    1. Ja, der Iran-Bericht ist etwas ausführlicher geworden, jedoch haben wir so viel erlebt, dass wir dies festhalten wollten😀 Freut uns, dass er gelesen wird. 😀Ja, das sehen wir genau auch so! Wirtschaft und Politik machen vieles kaputt… Bis jetzt gefällt uns Indien sehr und wir geniessen unsere Radlerpause😂 liebe Grüsse JuAn

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